„Wir haben uns den Einfluss von Amazon Fresh schon viel eher gewünscht.“

Karsten Schaal

Gründer und Geschäftsführer von food.de

Interviewbild Karsten Schaal

Die Karriere von Karsten Schaal begann schon früh mit dem Marketing für einen lokalen Online-Supermarkt. Seit 2007 beteiligt er sich an Gründungen von Startups im eCommerce- und Retailbereich und begleitet diese in ihrem Wachstum. 2010 gründete er gemeinsam mit einem Partner food.de, den deutschen Pure Player Online Retailer, den er seitdem selbst leitet. Außerdem ist er aktiv im Vorstand des Bundesverbands Deutsche Startups und begleitete Wirtschaftsdelegationen des BMWi ins Silicon Valley. Karsten Schaal erhielt bereits diverse Auszeichnungen für seine Arbeit, unter anderem war er Finalist beim EY! Entrepreneur of the Year.

Ihr Unternehmen gibt es nun schon seit über fünf Jahren. Was waren die größten Meilensteine bisher und was sind die „Facts & Figures“ des Unternehmens im Jahr 2017?

Food.de gibt es tatsächlich schon seit 2011, Bestellungen liefern wir seit März 2013 am selben Tag oder zum Wunschtermin. Mit inzwischen 32 Städten im Liefergebiet haben wir eine gute Basis erreicht, um das Geschäft stabil und profitabel betreiben zu können. Schön ist, dass wir uns seit 2016 auch kontrolliert an der Profitabilitätsgrenze entlang weiterentwickeln können.

Welche Auswirkungen auf Umsatz und Bestellungen hatte Ihr erster TV-Spot, den Sie vor nicht einmal einem Jahr geschaltet haben? Hat es sich für Sie ausgezahlt, auf diesem Channel zu werben?

Der TV-Spot war ein Test, der erstmalig auf die Brand eingezahlt hat. Ziel war es, nach vier Jahren reinem salesgetriebenen Marketing die Marke food.de in den Vordergrund zu stellen und bekannt zu machen. Dieses Ziel haben wir erreicht und die Erwartungen deutlich übertroffen. Rein in Zahlen ist es ebenso ein Erfolg geworden, was uns besonders freut.

Mittlerweile drängt auch Amazon mit dem Fresh-Konzept auf den Lebensmittelmarkt. Wie bewerten Sie den Einfluss der großen Handelsplattformen auf die Handelslandschaft?

Wir haben uns den Einfluss von Amazon Fresh schon viel eher gewünscht. Für uns ist die Situation komfortabel, da wir uns Marketingkosten zur Entwicklung des Absatzkanals teilen können und auch von der Werbung des großen Online Retailers partizipieren.

Im Vergleich zu Mitbewerbern (zum Beispiel den Lieferservices von Kaufland und Rewe) haben Sie sich gegen eine App für den Online-Supermarkt entschieden. Warum gibt es keine food.de-App und welche Vor- und Nachteile ergeben sich aus dem „Web-only-Setup“?

Wir haben uns nicht gegen eine App entschieden, nur gegen eine Irgendwie-App. Uns fehlte bisher noch der Ansatz, der den Kunden wirklich glücklich macht. Aber da zeichnen sich inzwischen Wege ab, die wir verfolgen.

Welche zentralen Veränderungen sehen Sie für das Einkaufsverhalten der Kunden im Lebensmitteleinzelhandel in einigen Jahren und welche Rolle wird das IoT (Internet of Things, zum Beispiel der selbstbestellende Kühlschrank) spielen?

Selbsteinkaufende Kühlschränke halte ich für überbewertet, immerhin besteht die Gefahr der Entmündigung des Kunden. Die vielen neuen Anknüpfstellen an einen Warenkorb finde ich jedoch hochspannend. Und es wird Einkaufsverhalten geben, das ganz ohne Einkaufen auskommen wird. Selbst Food-Sharing kann ich mir gut vorstellen.

In Zukunft werden wir noch viel mehr Services für die Kunden erleben können, Kundengruppen werden viel feiner angesprochen. Es wird auch nicht den Lebensmittel-Anbieter geben, sondern viele verschiedene Modelle, die alle ihre Daseinsberechtigung haben. Lebensmittel sind und bleiben spannend, auch in Zukunft.

Wird food.de mittelfristig alle deutschen Ballungsräume, bzw. den ländlichen Raum beliefern?

food.de ist doch schon als Name Programm. Lebensmittel für Deutschland. Wir haben ein Modell für ländliche Regionen gefunden, wollen jedoch erst einmal in den deutschen Metropolen präsenter werden.

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