„Everywhere Commerce: Die Vermarktung personalisierter Duftunikate“
Carina Stammermann
Geschäftsführerin UNIQUE Fragrance GmbH
Carina Stammermann ist Geschäftsführerin der UNIQUE Fragrance GmbH in Berlin. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Marketing- und Distributionsmanagement an der Georg-August-Universität in Göttingen etablierte sie das Bestandskundenmarketing beim Schuh-Onlinehändler Scarosso. Später übernahm sie die Geschäftsführung des Parfumherstellers MyParfum und lancierte dessen internationale Marke UNIQUE. Ihr Tätigkeitsschwerpunkt liegt in den Bereichen Produktentwicklung und Brand.
Was sind für Sie die drei wichtigsten Herausforderungen mit Blick auf den Trend zu Seamless Shopping über mehrere Kanäle hinweg?
Eine elementare technische Herausforderung beim Seamless Shopping ist die tatsächliche Integration der verschiedenen Vertriebskanäle, sodass zukünftig ein ganzheitliches Crosschannel-Kundenbeziehungsmanagement ermöglicht wird. Es müssen konsistente Daten auf allen Kanälen verfügbar sein sowie eine vollständige Integration in eine einheitliche Datenbasis (CRM) gewährleistet sein, um die Kunden nahtlos durch die Kanäle zu begleiten.
Eine weitere Herausforderung ist es, kontinuierlich offen und proaktiv gegenüber dem digitalen Wandel und technologischen Innovationen zu sein. Eine solche Einstellung ermöglicht es, die Potenziale von technologischen Neuerungen frühzeitig zu erkennen und im Prozessmanagement sowie in der Unternehmenskultur umzusetzen und fest zu verankern.
Die Herausforderung besteht darin, dem Kunden über alle Kanäle hinweg stets ein wirklich uneingeschränktes Einkaufserlebnis zu bieten. Der Kunde möchte die verschiedenen Transaktionsphasen eines Kaufs nahtlos auf beliebigen Kanälen durchführen können, und er erwartet in den verschiedenen Kanälen den gleichen Service.
Sie sind verantwortlich für die Parfum Marke UNIQUE. Wie kommt man auf die Idee, Parfum online zu personalisieren und wie hat Ihr Umfeld darauf reagiert?
Kein Accessoire ist persönlicher und gleichzeitig intimer als der eigene Duft. Die Wahl des Parfums sagt viel über die eigene Persönlichkeit aus. In unserer heutigen Gesellschaft, in der häufig Waren in Serienproduktion gefertigt werden, ist es gerade bei einem solch intimen Accessoire ein ganz besonderer Luxus seiner Individualität Ausdruck verleihen zu können. Früher war es ganz wenigen herausragenden Persönlichkeiten vorbehalten, diesen Luxus erleben zu dürfen. Wir bei UNIQUE haben vor einigen Jahren erkannt, dass es uns die modernen Techniken des digitalen Zeitalters in Kombination mit der traditionellen Parfümeurskunst erlauben, nach Kundenwunsch, Vorlieben und Vorstellungen personalisierte – maßgeschneiderte – Duftunikate zu erstellen. Die Idee, online individuelle Parfums nach Maß zu kreieren, bzw. kreieren zu lassen, wurde in Fachkreisen lange Zeit für unmöglich gehalten. Mit heute mehr als 140.000 entwickelten Unikaten und mehr als 100.000 Kunden weltweit, konnten wir dieses Vorurteil widerlegen.
Was war die größte Herausforderung bei der Umsetzung von UNIQUE?
Die größte Herausforderung war es ein Tool (unseren sogenannten Duftkonfigurator) zu konzipieren und zu entwickeln, das es dem Kunden ermöglicht, online bzw. digital ein individuelles Parfum zu kreieren, ohne den Duft oder dessen Bestandteile vorab riechen zu können. Neben der Herausforderung an die Usability unserer Kern-Software, war es vor allem ein sehr aufwändiges Unterfangen, all das Wissen um die Kreation von Parfums, Kombinationsempfehlungen und Anteilsverhältnissen in Form eines Algorithmus zu entwickeln und diesen analog zu unserem Duftstoffsystem zu konzipieren. Das Kundenfeedback und eine Retourenquote von unter 3% belegen, dass uns diese Herausforderung geglückt ist. Nichtsdestotrotz sind wir kontinuierlich dabei, unseren Duftkonfigurator und unsere Duftstoffe weiter zu entwickeln, um neue Maßstäbe für Kundenorientierung und Innovation in der Parfümerieindustrie zu setzen.
Welche zentralen Veränderungen sehen Sie für das Shopping-Verhalten der Kunden in einigen Jahren?
Sowohl die Digitalisierung als auch die technologischen Innovationen werden einen großen Einfluss auf das Shopping-Verhalten der Kunden nehmen. Die Dimensionen, die einige Entwicklungen wie beispielsweise das Thema Drohnen oder Holografische Computer auf das Kundenverhalten nehmen können, sind zum Teil noch gar nicht vorstellbar.
Der stationäre Handel wird immer weiter mit dem Online-Handel verschmelzen. Bereits im heutigen Konsumentenverhalten ist eine zunehmende parallele Nutzung von Medien und verschiedenen Einkaufskanälen deutlich zu erkennen. Der Kunde wird auch in Zukunft verschiedene Vertriebskanäle immer weniger als separate Kanäle betrachten, sondern für ihn sind die verschiedene Kanäle ein zusammengehöriger Kanal in dem alle Vertriebskanäle maximal vernetzt und integriert sind. Der Kunde erwartet quasi ein „Everywhere Commerce“.
Die Herausforderung liegt darin, einen passenden Vertriebskanal-Mix für sein spezifisches Geschäftsmodell zu finden, welcher sich wunderbar mit dem Marketingmix verbinden lässt.