„Was ist der erste Schritt zum loyalen Kunden?“
Ludger Niemann
Sprecher Unternehmensentwicklung DECATHLON
Ludger Niemann ist seit 2014 Sprecher der Unternehmensentwicklung bei DECATHLON Deutschland. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und einer erfolgreichen Zeit als Leistungssportler begann er seine berufliche Laufbahn 1998 bei DECATHLON im Vertrieb. Hier leitete er u.a. die Häuser in Hannover und Ludwigshafen. Ab 2006 war er maßgeblich am Aufbau der neuen Expansionsabteilung in Deutschland beteiligt und verantwortete u.a. bis Anfang 2014 als Bereichsleiter die Expansion in Norddeutschland.
Was sind für Sie die drei wichtigsten Herausforderungen mit Blick auf den Trend zu Seamless Shopping über mehrere Kanäle hinweg?
Unter Seamless Shopping verstehe ich, dass der Kunde in Zukunft und zum Teil heute schon nicht mehr bewusst entscheidet, verschiedene Kanäle beim Einkauf zu suchen. Er wählt spontan, und das gewünschte Produkt muss über den von ihm bevorzugten Kanal möglichst komfortabel und/oder kostengünstig zu ihm kommen. Er hat die Wahl, ob er dabei das Shoppingerlebnis vor Ort sucht, online nach Hause bestellt oder mobil zu einem Pick Point liefern lässt, je nachdem, was zu seiner Lebenssituation gerade am besten passt. Gleiches gilt für nachgelagerten Service. Ob Wartung, Reparatur oder Ergänzungsprodukte, der Kunde wünscht individuelle Lösungen, die für ihn im Moment der Entscheidung optimal sind und über die er nicht mehr lange reflektiert.
Der erfolgreiche Handel muss ihm diesen Service bieten. Dabei ist nicht nur ein effektives und effizientes Backoffice aufzubauen, sondern auch darauf zu achten, dass der Kunde von den operativen Problemen verschont bleibt. So muss z.B. der Handel online erworbene Artikel im stationären Geschäft zurücknehmen u.ä. Neben dem im Handel ohnehin schon stark dominierenden, generellen Kostendruck wird auch in Zukunft das Problem der letzten Meile eines der herausforderndsten sein.
Was ist Ihr persönliches Erfolgsrezept, um die Kundenperspektive stets im Fokus zu haben?
Die Frage nach Spezifika des deutschen Marktes tritt für uns als internationaler Akteur eher in den Hintergrund. Vielleicht ist der deutsche Markt etwas preis-sensibler als andere, aber auch hier steht er nicht exklusiv. Grundsätzlich gleichen sich die reifen Märkte in einer vernetzten, globalisierten Welt an, so dass man nur noch selten auf wirklich nationale Besonderheiten treffen wird.
Für DECATHLON ist das Spezifische am deutschen Markt, dass wir hier in großen Teilen noch unbekannt sind. Das hat Einfluss auf das Marketing und bedeutet generell, dass wir für die Erschließung der Einzugsgebiete unserer stationären Geschäfte etwas mehr Zeit und Geld einplanen müssen.
Es bedeutet aber auch eine Chance, denn bei neuen Projektentwicklungen oder aufwändigeren „Relaunches“ von Fachmarktlagen oder Shopping Centern gelten wir heute zum Teil noch als Geheimtipp und können das Einzugsgebiet des Projektes deutlich erweitern, weil unsere Produkte – Eigenmarken – nicht von Konkurrenten substituiert werden können. Andere Ankermieter wie große Textiliten oder Elektronik-Händler reduzieren ihre Magnetwirkung meist selbst schon durch ein sehr enges, reifes Filialnetz mit anderen Standorten in der Nähe.
Wie kann aus Ihrer Sicht die Loyalität der Kunden über die Kanäle hinweg gestärkt werden?
Die Loyalität von Kunden muss man sich täglich neu erarbeiten, indem man sie immer wieder positiv überrascht oder zumindest hohen Erwartungshaltungen gerecht wird. Diese Aufgabe ist prinzipiell in Zeiten des eCommerce die gleiche geblieben, wie auch schon in den Jahrzehnten zuvor. Die neuere Herausforderung besteht heute eher in der gestiegenen Komplexität durch mehrere miteinander verwobene Vertriebs- und Service-Kanäle.
Die entscheidende Komponente ist hier immer der Mitarbeiter, der den direkten Kontakt zum Kunden hat und die geschaffenen und sich stetig wandelnden Strukturen des Unternehmens mit Leben füllt. Ein zufriedener Mitarbeiter ist somit der erste und wichtigste Schritt zum loyalen Kunden. Hinzu kommt ein gutes Gesamtpaket, bestehend aus Preis/Leistung, Service und Bedienerfreundlichkeit sowie nicht zuletzt einem exklusivem Produkt.
Welche zentralen Veränderungen sehen Sie für das Shopping-Verhalten der Kunden in einigen Jahren?
Wie oben schon erwähnt, wird der Kunde es immer mehr als Normalität betrachten, sein Produkt immer und überall erwerben zu können. Die Unterscheidung in verschiedene Kanäle wird der Handel nur noch beim Aufbau seiner Strukturen machen. Die organisatorischen Aufgaben, die er dazu zu lösen hat, interessieren den Kunden nicht. Er bedient sich komfortabler Systeme und Anbieter, die seine Wünsche mit dem besten Preis/Leistungsverhältnis befriedigen können.